Projekt zur Erfassung der Einflussfaktoren auf die gutachterliche Leistungsbeurteilung im Antragsverfahren auf Erwerbsminderungsrente (PEgL)

Förderung
Deutsche Rentenversicherung Westfalen

Projektteam
Judith A. Bahmer

Laufzeit
1. Januar 2009 bis 31. Dezember 2012

Hintergrund und Zielsetzung
Die PEgL-Studie wurde als 0nline-Studie zur Untersuchung kontextueller und intrapersonaler Einflussfaktoren auf die gutachterliche Einschätzung der Leistungsfähigkeit im Antragsverfah-ren auf Erwerbsminderungsrente in den Indikationsbereichen 0rthopädie sowie Psychiatrie/Psychosomatik konzipiert. Jeder Studienteilnehmer (externe und interne Gutachterinnen und Gutachter der Deutschen Rentenversicherung Bund, der Regionalträger sowie der Knappschaft-Bahn-See) beurteilte zwei Fallvignetten aus acht Fällen pro Indikationsbereich. Jede Fallvignette enthielt alle sozialmedizinisch relevanten Informationen einschließlich eines Videos mit Ausschnitten aus der Begutachtungssituation, die mit Schauspielerpatienten nach-gestellt wurden. Die Studienteilnehmer beantworteten sowohl fallbezogene Fragebögen (sozi-almedizinische Beurteilung der Diagnosen, des Ausschöpfungsgrades an medizinischen so-wie rehabilitativen Leistungen, dem quantitativen und qualitativen Leistungsbild etc.) als auch Fragebögen zur persönlichen Grundhaltung (Entscheidungsverhalten, Urteilstendenz, Urteils-strenge, Entscheidungssicherheit). Ziel war die Abbildung der gutachterlichen Übereinstimmung in der Einschätzung des zeitlichen Restleistungsvermögens sowie möglicher Einfluss-faktoren auf diese Einschätzung.

Ergebnisse
Bis zum 24. April 2011 haben insgesamt 195 Gutachterinnen und Gutachter an der PEgL-Studie teilgenommen (101 Teilnehmer Psychiatrie/Psychosomatik, 94 Teilnehmer 0rthopädie). Damit konnte auf eine Grundgesamtheit von 390 bearbeiteten Gutachten zu-rückgegriffen werden. Das mittlere Alter der Teilnehmer betrug 53,37 Jahre in der Stichprobe orthopädischer Gutachterinnen und Gutachter und 52,48 in der Stichprobe der psychiatri-schen Gutachterinnen und Gutachter (Range 35 bis 72 Jahre). Aktuell als Behandler/in tätig waren 74,5%, der teilnehmenden Ärztinnen und Ärzte im Bereich Orthopädie und 72,3% der teilnehmenden Ärztinnen und Ärzte im Indikationsbereich Psychiatrie/Psychosomatik. Es zeigte sich in der untersuchten Stichprobe eine geringe Urteilsvarianz in der Einschätzung der Frage, ob ein zeitliches Leistungsvermögen von unter 6 Stunden pro Tag vorliegt. Die Über-einstimmung bezüglich dieser Fragebetrug in der Stichprobe der orthopädischen Gutachterinnen und Gutachter zwischen 76,7 und 95,7%; in der Stichprobe der psychiatrischen Gutachterinnen und Gutachter zwischen 63,7 und 88%. Hinweise auf Persönlichkeitsakzentuierun-gen zeigten für die teilnehmenden Gutachterinnen und Gutachter nicht. Die gutachterliche Neutralitätsannahme kann daher für die untersuchten Teilstichproben als durch die Studien-ergebnisse gestützt gelten. Der Untersuchungsbefund stellt für die überwiegende Mehrheit der Gutachterinnen und Gutachter die maßgebliche Urteilsvariable bei der sozialmedizinischen Einschätzung der zeitlichen Restleitungsfähigkeit dar.

Zusammenfassung
Die PEgL-Online-Studie zeigt das Ausmaß gutachterlicher Urteilsübereinstimmung in der Ein-schätzung des quantitativen Restleistungsvermögens bei Probanden im Antragsverfahren auf Erwerbsminderungsrente und beschreibt relevante Urteilsvariablen aus gutachterlicher Sicht.

Umsetzungsempfehlung
Die im Rahmen der PEgL-Online-Studie konzipierten Fallvignetten wurden im Rahmen einer Kooperation mit der Abteilung für Hygiene-, Arbeits- und Sozialmedizin der Ruhr-Universität Bochum im Rahmen der sozialmedizinischen Lehre für Studierende der Humanmedizin eingesetzt. Die Fallvignetten dienten hier erfolgreich der sozialmedizinischen Fallarbeit und der Vermittlung sozialmedizinischen Wissens. Diese Erfahrungen könnten als Modell für eine brei-tere Implementation spezifischer, fallbezogener, sozialmedizinischer Fortbildungsinhalte für Gutachterinnen und Gutachter dienen.