Projekt P.A.INT: Patient-Arzt-Interaktion in der Rehabilitation

Qualitätssicherung der Patient-Arzt-Interaktion in der stationären medizinischen Rehabilitation: Problem- und Potentialanalyse und die Entwicklung eines berufsbegleitenden Trainings kommunikativer Fertigkeiten für Ärzte

Förderung
Verein zur Förderung der Rehabilitationsforschung Norderney e.V.

Projektteam
IfR Bad Rothenfelde: Susanne Dibbelt, Monika Schaidhammer-Placke, Christian Fleischer, Bernhard Greitemann

Laufzeit
2004 bis 2007

Kooperierende Einrichtungen
Klinik Münsterland der DRV Westfalen; Klinik Königsfeld der DRV Westfalen, Ennepetal; Salzetalklinik der DRV Westfalen, Bad Salzuflen; Klinik Bad Oexen, Bad Oeynhausen; Reha-Zentrum Bad Eilsen der DRV Braunschweig-Hannover; Klinik Niederrhein der DRV Rheinland, Bad Neuenahr-Ahrweiler; Klinik Roderbirken der DRV Rheinland, Leichlingen; Nordseeklinik Borkum der DRV Rheinland, Borkum; Klinik Aggertal der DRV Rheinland, Engelskirchen; Universität Osnabrück, Fachbereich Psychologie; Prof. Dorothee Heckhausen, EFH Berlin; Prof. Dr. Fritz A. Muthny, Universitätsklinikum Münster

Kurzbeschreibung
Ziel des Projektes PAINT war es, ein Kommunikationstraining für Ärzte in Reha-Einrichtungen zu entwickeln und dessen Effekte zu evaluieren. Außerdem sollte überprüft werden, ob und wie die Qualität der ärztlichen Aufnahmegespräche die Gesundheitskompetenz und den Gesundheitsstatus von Rehabilitanden in 5 Reha-Einrichtungen beeinflusst.

Projektbeschreibung
Die Beziehung zwischen Arzt und Patient hat eine Schlüsselfunktion in der medizinischen Versorgung. Nachweislich nimmt sie Einfluss auf zahlreiche Parameter des Behandlungserfolges wie zum Beispiel Patientenzufriedenheit, Rückkehr zur Arbeit, Therapietreue und Beteiligung (Adhärenz), Schmerzen und Funktionsstatus. Das Ziel der vorliegenden Studie war es, die von Patienten mittels eines Fragebogens bewertete Qualität der Interaktion mit dem Arzt zu erfassen und die Hypothese zu überprüfen, dass es auch in der Rehabilitation eine positive Beziehung zwischen der (von Patienten wahrgenommenen) Interaktionsqualität in den Arzt-Patienten-Kontakten und langfristigen Behandlungsergebnissen gibt. Darüber hinaus sollte überprüft werden, ob ein zweitägiges Interaktionstraining der Ärzte geeignet ist, die Interaktionsqualität zu verbessern.

Methodisches Vorgehen
Das Trainingskonzept. Auf der Basis des klientenzentrierten Ansatzes (Schulz von Thun, 1998) wurde ein Trainingsprogramm entwickelt, in dem Ärzte in den Grundlagen der klientenzentrierten Kommunikation sowie in der Gestaltung schwieriger Gespräche (z.B. die Vermittlung der sozialmedizinischen Beurteilung, aktivierender Therapien und ungünstiger Diagnosen) trainiert wurden.
Evaluation der Trainings. Zur Erfassung der Interaktionsqualität der Arzt-Patientenkontakte wurde der Fragebogen P.A.INT-FKB (Fragebogen zur Kontaktbewertung; Dibbelt et al., 2009) entwickelt, mit dem (1) die affektiven, (2) die instrumentellen und (3) die partizipativen (die Patienten einbeziehenden) Aspekte des ärztlichen Kommunikationsverhaltens durch die Patienten und Ärzte bewertet wurden. Die Skalenwerte dieses Instrumentes können zu Summenwerten der im Gespräch wahrgenommenen „Kontaktförderer“ und „Kontaktstörer“ zusammengefasst werden.

Teilnehmer
Fünf Reha-Kliniken und 470 Rehabilitanden nahmen an der Studie teil. Drei der Kliniken wurden der Studiengruppe zugeordnet. Zwei weitere Kliniken dienten als Kontrollgruppe.

Ergebnisse
(1) Einfluss der Interaktionsqualität auf Behandlungsergebnisse
Anhand des Medians des Indexes „Interaktionsförderer“ wurde die Patientenstichprobe in 2 Gruppen geteilt. Ein Vergleich der beiden Gruppen zeigte, dass Patienten, die das Gespräch mit dem Arzt bei Aufnahme positiver (= über Median) bewerteten, 6 Monate nach Entlassung eine deutlich überlegene Reduktion von Schmerz, Angst und Depression sowie der Krankheitstage gegenüber den Patienten zeigten, die die Aufnahmegespräche weniger positiv (= unter Median) bewerteten.
(2) Effekte des Interaktionstrainings
Durch das Training konnte die Interaktionsqualität zwischen Arzt und Rehabilitanden positiv verändert werden: In den Studienkliniken nahmen die Interaktionsförderer zum 2. Messzeitpunkt zu, während die Störfaktoren abnahmen. In den Kontrollkliniken wurden dagegen keine Änderungen beobachtet.

Zusammenfassung
Die Qualität der Arzt-Patient-Interaktion in den untersuchten Rehakliniken steht in positivem Zusammenhang mit Behandlungsergebnissen. Je besser die Qualität, desto stärker fallen die Verbesserungen auch mittelfristig aus. Durch ein zweitägiges Kommunikationstraining konnte die durch die Patienten bewertete Qualität der Arzt-Patient-Interaktion verbessert werden.

Umsetzungsempfehlung
Die Bedeutung der Qualität der Interaktion zwischen Arzt und Rehabilitand für die Behandlungsergebnisse wurde durch die Studie eindrücklich dokumentiert. Eine Verstetigung und Systematisierung von Interaktionstrainings für Ärzte in der Rehabilitation erscheint deshalb als wichtige Maßnahme zur Sicherstellung einer effektiven und patientenorientierten Rehabilitation.

Publikationen und Vorträge zum Projekt
Dibbelt S., Schaidhammer M., Fleischer C., Greitemann B. (2010). Patient-Arzt-Interaktion in der Rehabilitation: Gibt es einen Zusammenhang zwischen wahrgenommener Interaktionsqualität und langfristigen Behandlungsergebnissen? Die Rehabilitation, 49, 315-325.

Dibbelt S., Schaidhammer M., Fleischer C., Greitemann B. (2009). Patient-doctor interaction in rehabilitation: The relationship between perceived interaction quality and long-term treatment results. Patient Education and Counseling, 76, 328-335.

Dibbelt S, Schaidhammer M, Greitemann B, Fleischer C (2008). Patient-doctor-interaction in rehabilitation: The impact of interaction quality on treatment results.29. International Congress of Psychology, Berlin 2008.

Dibbelt S, Schaidhammer M, Greitemann B, Fleischer C (2008). Patient-doctor-interaction in rehabilitation: How do patients and doctors perceive their shared interaction and does quality of interaction relate to treatment outcomes 6 months after discharge? International Conference on Communication in Healthcare, Oslo, Norway.

Dibbelt S. (2007). Patienten-Arzt-Interaktion in der Rehabilitation: Wie bewerten Ärzte und Patienten die gemeinsamen Gespräche? Orthopädische Praxis, 43 (10), 535-538.

Dibbelt S (2007). Patient-doctor interaction in rehabilitation: How do patients and doctors perceive and evaluate their shared interaction?“4th International SharedDecision Making Conference” in Freiburg, Germany.